Am diesjährigen Weihnachtsfest blicken wir auf ein Jahr zurück, in dem herausragende Veranstaltungen wie das Jubiläum unseres Kirchenchores mit der Fahnenweihe, das Stadtgardefest im Stadtpark oder der Weihnachtsmarkt auf der Neuerburg stattfanden. Darauf können wir alle stolz sein.

Wir blicken aber auch auf eine Menge Schnee, der normalerweise romantisch besungen und besonders an Weihnachten herbeigesehnt wird. Heute führt uns die weiße Pracht aber auch Anderes vor Augen. In diesem Zusammenhang fiel mir eine Parabel von Bertolt Brecht ein, die sinngemäß auf unsere jetzige Situation zutrifft.

Bertolt Brecht: Herr Keuner und die Flut

Herr Keuner ging durch ein Tal, als er plötzlich bemerkte, daß seine Füße in Wasser gingen. Da erkannte er, daß sein Tal in Wirklichkeit ein Meeresarm war und daß die Zeit der Flut herannahte. Er blieb sofort stehen, um sich nach einem Kahn umzusehen, und solange er auf einen Kahn hoffte, blieb er stehen. Als aber kein Kahn in Sicht kam, gab er diese Hoffnung auf und hoffte, daß das Wasser nicht mehr steigen möchte. Erst als ihm das Wasser bis zum Kinn ging, gab er auch diese Hoffnung auf und schwamm. Er hatte erkannt, daß er selber ein Kahn war.

Gerne wäre ich, wäre unsere Stadt der Kahn, der vorbeikommt, um Herrn Keuner aus dem Wasser zu helfen. Die Finanzlage unserer Stadt macht dies aber leider unmöglich und in Zukunft werden wir alle deutliche Einschnitte bemerken und auf Gewohntes, Bequemes verzichten müssen. Wir alle müssen anfangen zu schwimmen, doch sollten wir dies nicht nach dem Motto: „Jeder rette sich selbst so gut er kann“, tun, sondern wir sollten darauf achten, dass wir gemeinsam die Dinge anpacken und dass niemand auf der Strecke bleibt.

Unsere Mitarbeiter des Bauhofes leisteten die letzten Tage hervorragende Arbeit. Mit dem Blick auf das Machbare muss man das einfach anerkennen. Es zeigte sich aber auch, dass trotz all ihrer Anstrengungen die zu bewältigende Aufgabe ihre und unsere Mittel weit überstieg.

Die gemeinsame Räumaktion letzten Dienstag, die von zahlreichen Freiwilligen getragen wurde, machte daher sehr deutlich, dass die Neuerburger sehr wohl in der Lage sind, die Dinge in Eigeninitiative anzupacken: Wir sind selbst der Kahn! Jeder von uns ist die Stadt! Neuerburg kann es!

Wenn ich daran denke, dass man an diesem Tag auch zahlreiche lachende Gesichter beobachten konnte, dann ist mir für unsere Zukunft nicht bange.

Ich wünsche uns allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr 2011!

Bilder von der Weihnachtsansprache finden Sie hier. Fotos: Martin Brunker